Polit-Thriller "Das System": Wendehälse und ihr Nachwuchs. Das Hotel Neptun ist ein schillernder Ort der jüngeren Zeitgeschichte. Anfang der siebziger Jahre eröffnet, war es das exponierteste Luxushotel in der DDR. Doch die stöckige Bettenburg an der Strandpromenade von Warnemünde bot nicht nur einen imposanten Ausblick auf die Ostsee. Hier wollten auch ostdeutsche Agenten Einblicke ins Privatleben westlicher Handelspartner nehmen. Denn im Neptun logierte schon damals - unter den Augen der Staatssicherheit - eine illustre Schar internationaler Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur. Brandt und Barschel waren zu Gast. Sein ominöser Geschäftspartner Alexander Schalck-Golodkowskiin der DDR verantwortlich für Devisenbeschaffung, verfügte über eine ständige Suite im Hotel. Schalcks "Kommerzielle Koordinierung" blieb über die staatliche Existenz der DDR hinaus von Belang. Die "KoKo" war auch im Vereinigungsprozess der beiden deutschen Staaten gefragt. Dessen Erfolg kommentierte trefflicherweise im Hotel Neptun der Literat Fritz J. Raddatz, ein penibler Chronist seiner Hotelaufenthalte, klarsichtig: "Das ist nicht eine Nation, sondern ein Währungsgebiet. Für seinen Wirtschaftskrimi "Das System" hätte sich Marc Bauder daher kaum einen prächtigeren Drehort suchen können. In seinem Spielfilmdebüt verbindet der aus Stuttgart stammende Dokumentarfilmregisseur "Der Kommunist", "Nach der Revolution" gründliche Recherche mit spannender Fiktion. Windige Finanzgeschäfte bilden bei ihm die aktuelle Folie für ein familiäres Drama, das weit in die Geschichte des Hotels Neptun zurückreicht. Zu diesem Zweck verknüpft "Das System" den Bau der Ostsee-Pipeline zum Transport von russischem Erdgas in den Westen mit den Aktivitäten eines Netzwerks ehemaliger ostdeutscher Agenten. Einer von ihnen ist der Geschäftsmann Konrad Böhm Bernhard Schützund daraus macht der einstige Mitarbeiter der "Hauptabteilung Aufklärung" auch gar kein Hehl. Als er eines Nachts in seiner modernistischen Nobelvilla einen jugendlichen Kleinkriminellen bei einem Einbruch ertappt, ruft er nicht etwa die Polizei, sondern greift sich den Jungen selbst. Denn er hat in Mike Jacob Matschenz den Sohn eines ehemals befreundeten, inzwischen verstorbenen Kollegen erkannt. Mit Hilfe einiger psychologischer Tricks fällt es ihm leicht, ihn für seine eigenen Zwecke Hotel Neptun Warnemünde Prostituierte. Denn Mike entdeckt in der mephistophelischen Respektsperson jene Vaterfigur, die er immer vermisst hat, weil ihm seine Mutter Jenny Schily Lebenslauf und Todesumstände seines Erzeugers beharrlich verschweigt. Als Lobbyist einer russischen Firma verspricht der Ex-Agent Böhm "Arbeitsplätze für Mecklenburg" - und dem Beamten, der für die Auftragsvergabe zuständig ist, eine Spende an dessen Partei. Als noch viel wirksamer allerdings erweist sich bei den Verhandlungen im Hotel Neptun, was ein geheimes Archiv Böhms alter Stasi-Kollegen über den Bürokraten aus dem Westen enthüllt. Zwar wird auch in Bauders Film einmal scharf geschossen. Stattdessen ist dies ein sehr deutscher Krimi, der seinen Thrill aus schlichter Akteneinsicht gewinnt. Doch gerade damit hat "Das System" die Wahrscheinlichkeit für sich: Gern verweist der Regisseur auf einen SPIEGEL-Berichtdemzufolge der Geschäftsführer jenes "Nord Stream"-Unternehmens, das die Ostsee-Pipeline betreibt, bis zum Mauerfall für die Auslandsaufklärung des MfS gearbeitet hat. Klug haben für diese mittlerweile historische Fakten zwei "Tatort"-erprobte Autorinnen Dörte Franke und Khyana el Bitar in ihrem Drehbuch eine Perspektive geschaffen, aus der die Einflussnahme abgewirtschafteter Eliten plausibel erscheint - und das Bündnis mit ihnen auch für Nachgeborene reizvoll wirkt. Jedenfalls vorübergehend: Indem er Mike an den Statussymbolen der Marktwirtschaft freigiebig teilhaben lässt, kann der MfS-Mephisto den jugendlichen Aufstiegsaspiranten genau so lange an sich binden, bis ihm die überkommene Hierarchie massiv verkörpert durch Heinz Hoenig und dessen breiten Emil-Jannings-Rücken den eigenen Karrieresprung verbaut. Stimmiger wäre Hotel Neptun Warnemünde Prostituierte jene Erkenntnis gewesen, die schon Brechts "Seeräuber-Jenny" - systemübergreifend gültig für die Politik wie für die Hotelgastronomie - formuliert hat: "Wie man sich bettet, so liegt man. Kein Ausweg für Mike Jacob Matschenz : Seitdem ihn ein Hotel Neptun Warnemünde Prostituierte Ost-Agent beim Einbruch erwischt hat, ist er erpressbar geworden. Diesen Umstand nutzt Konrad Böhm Bernhard Schützder jetzt als Unterhändler in Sachen Ostsee-Pipeline tätig ist, ganz für seine dubiosen Zwecke aus. Er fühlt sich von seiner Mutter Jenny Schily getäuscht und ist auf der Suche nach einer Vaterfigur. Doch auch der Strippenzieher Böhm ist vor mächtigeren Strategen verkörpert durch Heinz Hoenig nicht gefeit. Eigentlicher Hauptdarsteller des Films ist aber das Warnemünder Hotel Neptun, das trotz Systemwechsels immer Schauplatz einiger der windigsten Deals in der deutsch-deutschen Geschichte geblieben ist. Zum Inhalt springen. News Ticker Magazin Audio Account. Foto: Filmlichter. Zur Merkliste hinzufügen X. Dieser Beitrag stammt aus dem SPIEGEL-Archiv.
Polit-Thriller "Das System": Wirtschaftspiraten im Lotterbett
Ende des Stasi-Stigmas Zwölf Tage Luxus für Ostmark: Schon zu DDR-Zeiten konnten Gäste im Hotel "Neptun" in Warnemünde in westlicher Lebensart schwelgen. Gleichzeitig hätten Gerüchte kursiert, die Staatssicherheit habe Barschel beim Sex in seinem Hotelzimmer gefilmt, und den schleswig-. Hotel "Neptun": Mit Castro in der Sauna - DER SPIEGELGünter Gaus, der sich an der Mix-Kunst der Bardame gar nicht satt sehen konnte, habe sich bemüht, einen Wodka aus der Flasche mit einem Meter Abstand in ein kleines Glas zu befördern, und das Ergebnis dieser Schenk-Artistik auch immer sogleich höchstselbst vernichtet. Ein Global Player, damals schon. Der einzige Prof aus dem Osten war der für Logik. Die schwer erziehbare Jugendliche, die der Langeweile der DDR-Provinz entgehen will und ausgerechnet durch die Autoritäten des Staates eine Möglichkeit dazu bekommt, die ihre Jugend und ihren Lebenshunger skrupellos ausnutzten? In Leipzig hatte die Stasi besondere Anforderungen an ihre Rekruten.
Gerüchte über Sexparties und Waffenschiebereien
Sie hätten sich so gut verstanden, dass sie gleich zusammen ins Hotel Neptun gegangen seien, wo es dann an der Rezeption ein bisschen peinlich wurde, weil er. Auf der einen Seite wird von einer Strö- mung von FeministInnen Prostitution als sexistisch, frauenfeindlich und patriarchal abgelehnt. Gleichzeitig hätten Gerüchte kursiert, die Staatssicherheit habe Barschel beim Sex in seinem Hotelzimmer gefilmt, und den schleswig-. Zwölf Tage Luxus für Ostmark: Schon zu DDR-Zeiten konnten Gäste im Hotel "Neptun" in Warnemünde in westlicher Lebensart schwelgen.Pohlmann: "Uwe Barschels Besuche im Hotel 'Neptun' haben Anlass zu den wildesten Spekulationen gegeben. Freier war im Vergleich zur Bundesrepublik deutlich geringer. Bei den Einladungen durch den Hoteldirektor seien selbst steife Moralisten locker geworden. In meiner Grundschulzeit erlebte ich, wie eine sehr beliebte Horterzieherin gehen musste, weil sie bei der Stasi gewesen war. Hotel "Neptun" in Warnemünde: Das ehemalige "Hotel der Spione" ist heute ein Fünfsternehaus. Ich kann hier nur über meine Befindlichkeiten sprechen: Ich erlangte in meinem Umfeld eine Überempfindlichkeit gegen westdeutsche Selbstgerechtigkeit. Möglicherweise, weil er nicht mit Schalcks geschäftlichen Aktivitäten im Rostocker Raum in Verbindung gebracht werden wollte. Juli wurde die Strafbarkeit abgeschafft. Hier wollten auch ostdeutsche Agenten Einblicke ins Privatleben westlicher Handelspartner nehmen. Stimmiger wäre da jene Erkenntnis gewesen, die schon Brechts "Seeräuber-Jenny" - systemübergreifend gültig für die Politik wie für die Hotelgastronomie - formuliert hat: "Wie man sich bettet, so liegt man. Streaming-Tipp Führen Spuren im Fall Uwe Barschel nach Moskau? Die wusch sie zu Hause aus, benutzte sie für Bleistifte oder als Zahnputzbecher. Der ein sicherlich rührend übertrieben aufgebrezeltes — vielleicht sogar in West-Feinstrumpfhosen — blutjunges Mädchen, das ihn werktags, abends, in einer für die normale Bevölkerung unzugänglichen Interhotel-Lobby ansprach, mit auf sein Hotelzimmer nahm. Meine Freunde würden wohl sagen, dass der kalte Krieg weder ein Sieg noch eine Niederlage, sondern ein Unentschieden war. Heute: nirgendwo Schlangen mehr am "Neptun", kein "Ich-bin-endlich-drin-Gefühl". Neben den verdeckten Operationen durchdrang der Einfluss der Stasi auch verschiedene Bereiche der Gesellschaft. Während die DDR die Prostitution öffentlich anprangerte, wurde sie hinter den Kulissen zu einer strategischen Waffe gegen vermeintliche Feinde jenseits der Berliner Mauer. In Warnemünde jedenfalls blieb zunächst personell alles beim Alten. Zwei schriftliche Anfragen nach einem Interview zu seiner IM-Akte lehnte der Adlon-Direktor, laut Pohlmann, mit dem Hinweis auf Terminschwierigkeiten ab. Da er nicht gewusst habe, wohin die Nacht, habe die Kontrolleurin ihn zu sich eingeladen: Sie hatte Feierabend und wohnte in Halle. Aber es gab kein Pardon. Oder der feine Westdeutsche, der zu Hause im Siegerland vielleicht nur ein Durschnittskleinbürger war, im Osten aber — so stelle ich es mir vor — durch das Interhotel spazierte wie ein VIP in seinem West-Anzug, seinen West-Schuhen und mit seinem West-Rasierwasser und dem Westgeld in der Tasche. Als sie Monate später wieder entlassen wurde, bot sich ihr die Möglichkeit, trotzdem weiterhin in Berlin zu weilen. Auf rund Seiten vermittelt die Autorin ein Stück deutsch-deutscher Geschichte, das spannend und amüsant zugleich ist. Es war naheliegend, denn für beide Häuser gab es nur einen Telefonanschluss; wollten meine Eltern ein Telefonat führen, mussten sie nebenan Bescheid sagen, damit jemand den Schalter umlegte. Das Hotel "Neptun" in Warnemünde kennt in Mecklenburg-Vorpommern jeder, zumindest dem Namen nach. Kein High-end-Interieur, das den Besucher klemmig macht. Wellen, Weite, Blau, das Maritime ringsum scheint allein für diesen Turm geschaffen, fürs "Neptun", das Hotel am Strand. Oder die Disco "Daddeldu", heute "Da Capo" - ein Novum und die erste in der DDR. Audio Player minimieren. In meinem erweiterten Bekanntenkreis gibt es noch Dutzende Fälle von Opfern und Tätern, oder Leuten, die ohne es zu wissen beides gleichzeitig waren.